Frühgeschichte
Zeittafel Ortsgeschichte Urtenen-Schönbühl
I. Frühgeschichte
Übersicht:
- Altsteinzeit
- Rentierjäger im Moosbüel
- Mittel- und Jungsteinzeit
- Pfahlbauten am Moossee
- Bronzezeit
- Ausgrabungen im Kirchgässli
- Eisenzeit
- Kelten im Grauholz
- Urtenen, das Dorf an der Furt
- Niederlage der Helvetier
- Eingliederung ins römische Reich
- Die Römerzeit
- Einfall der Alemannen
- Die Alemannen
Zeitachse
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Mittlere Altsteinzeit (Mittelpaläolithikum) |
200‘000 bis 40‘000 v.Chr. |
Wechsel zwischen Eiszeiten und warmen Perioden Jäger und Sammler (Neandertaler), wenig bearbeitete Steine, Nutzung des Feuers, Lanzen und Speere, Höhlenbewohner. |
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Jüngere Altsteinzeit (Jungpaläolithikum) |
40‘000 bis 12‘000 v.Chr. |
Der moderne Mensch (Cro-Magnon) erreicht Europa. Lebt als Jäger und Sammler in Jagdlagern, Steine mit behauenen Klingen, Speerschleudern; Bestattung in Gräbern. |
→ Um 13'500 vor Christus: Rentierjäger auf dem Moosbüel
Auf die ersten menschlichen Spuren in unserer Gegend stiess man im Moosbüel. Hier haben nach der letzten Eiszeit um 13‘500 vor Chr. nachweislich Rentierjäger gelebt.
Bild: Das Moosbüel heute
Bild: Jungpaläolithische Geräte aus Feuerstein vom Moosbüel; aus Berner – Deine Geschichte, Büchler + Co AG, Wabern,1981
Weitere Angaben: Rentierjäger im Moosbüel
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Spätpläolithikum | 12‘000 bis 9‘500 v.Chr. |
Die einsetzende Klimaerwärmung veränderte die Pflanzenwelt und führte zu einer Wiederbewaldung. Die Grasfresser, Pferde und Rentiere, zogen nach Nordosten in subarktische Zonen. |
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Mittelsteinzeit (Mesolithikum) |
9‘500 bis 5‘600 v.Chr. |
Ende der letzten Eiszeit, die durchschnittlichen Juli-Temperaturen steigen von 15º bis auf 21º Grad, das ist höher als heute! Tiere wandern ein. |
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Jungsteinzeit (Neolithikum) |
5‘000 bis 2‘000 v.Chr. |
Jäger und Sammler werden nach und nach sesshaft und betreiben Ackerbau und Viehzucht. |
→ Um 3‘800 v. Chr. und später: Pfahlbauten am Moossee
Die Pfahlbauer gehörten zu den frühen Ackerbauern und Viehzüchtern. Sie besiedelten die See- und Flussufer sowie die Moore in vielen Gebieten der Schweiz, Österreichs, Frankreichs, Deutschlands, Italiens und Sloweniens. Die Pfahlbauer in der Schweiz lebten etwa von 4300 bis 800 v. Chr., also in der Jungsteinzeit, Bronzezeit sowie der beginnenden Eisenzeit.
Die Häuser der Pfahlbauer standen am Ufer von Gewässern, waren auf Pfählen gebaut, somit etwas vom Boden abgehoben und damit vor Überschwemmungen weitgehend geschützt.
1856 als eine zweite Entsumpfung im Moosseetal und die Tieferlegung des Seespiegels um 2,40m vorgenommen wurden, entdeckten Dr. Johann Uhlmann, Arzt in Münchenbuchsee, und Albert Jahn, Altertumsforscher, die Reste der Pfahlbauten am Moossee. Rund 150 Jahre später, bei der Sanierung des Strandbades am Moossee, wurden 2011 neue ausserordentliche Funde getätigt.
Weitere Angaben: Pfahlbauerdorf am Moossee
Bild: Brigitte Gubler, Modell eines Pfahlbauerdorfes zum 2‘700 v. Chr.
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Bronzezeit | 2‘000 bis 750 v.Chr. |
Gewinnung und Verarbeitung erster Metalle: Gold, Kupfer und Bronze. |
→ Prähistorische Brandgrube am Kirchgässli
Im Zusammenhang mit der Überbauung am Kirchgässli untersuchte der archäologische Dienst des Kantons unter der Projektleitung von Frau Christine Kissling eine grössere Fläche am Kirchgässli. Ausgegraben wurden eine Brandgrube mit erhaltener Holzkohle und einigen angekohlten Rundhölzern. Normalerweise sind solche Brandgruben 30 bis 40 cm tief. Jene am Kirchgässli aber ist einen Meter tief, was selten vorkommt. Über Gebrauch und Alter können noch keine Angaben gemacht werden. Die Brandgrube könnte verschiedenen Zwecken gedient haben, so z.B. zum Darren (darren = trocknen, rösten) von Getreide oder Flachs. Ausser dieser Brandgrube gab es noch eine zusätzliche Fundschicht mit viel Keramik.
Bild: Die ausgegrabene Brandgrube (Foto: Urs Tanner)
Quelle: „am moossee“ Juni 2011, Seite 27, Text Urs Tanner (eingesehen von Frau Christine Kissling)
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Eisenzeit | 750 bis 30 v.Chr. | Die Entdeckung des Eisens führt zu technischen Verbesserungen. Eisen dient zur Herstellung von Waffen und Geräten. In der Latène- oder jüngeren Eisenzeit lebten in unseren Gegenden die Kelten, d.h. der Teilstamm der Helvetier. |
→ Spuren der Kelten im Grauholz
Auf dem Gebiet der Gemeinde Urtenen-Schönbühl gibt es drei hallstattzeitliche (ca. 750 – 480 v.Chr.) Grabhügel. 1857 stiess man am Nordwest-Abhang des Rötelberges auf einen Grabhügel mit einzigartigen und ungewöhnlichen Gegenständen. Die Funde in diesem Grabhügel von ca. 550 v. Chr. werden im „Keltischen Schatzkästlein“ (herausgegeben in der Reihe Glanzlichter aus dem Historischen Museum Bern, 1999, Seite 24/25) wie folgt beschrieben:
„In der Mitte des Hügels stand ein grosses zweihenkliges Bronzegefäss mit gerippter Wandung, über das sich ein Steinhaufen aus rohen Kieseln und Feldsteinen wölbte. Ausserhalb dieses eigentlichen Kerns fanden sich dann noch die eisernen Überreste eines Totenwagens sowie Schmuckstücke, wie sie von andern Orten her als typischer Frauenschmuck bekannt sind – darunter mehr als 30 Hälften von Hohlkugeln aus Goldblech. Die ebenfalls erwähnten‚ vermoderten Gebeine könnten von einer oder sogar mehreren Toten herrühren.“
Bild: Vierzehn Halbkugeln. Punzverziertes Goldblech. Durchmesser 2,4 bzw. 2,7cm, Gesamtgewicht etwa 20g.
→ Urtenen, das Dorf an der Furt (Urtenen = die Sprudelnde)
Zur Frage, ob an der Urtenen ein kleines keltisches Dorf entstanden ist, gibt es keine archäologischen Hinweise. In früheren Zeiten bestand das Moossee- und Urtenental von Schüpfen bis Bätterkinden zum grossen Teil aus Sümpfen und Mooren. Zwischen Urtenen und Moosseedorf gab es keine Verbindung. Der Fahrweg führte durch die Holzgasse in den Sand und von dort der Lenzenhohle entlang nach Moosseedorf. Eine der wenigen Stellen, an der das Urtenental das ganze Jahr über passierbar war, befand sich am Stalden in Urtenen. Hier führte seit uralten Zeiten eine Furt durch den Bach. Man kann davon ausgehen, dass durch diese Furt – an einem sicheren Übergang – das heutige Dorf Urtenen entstanden ist.
Zum Ortsnamen Urtenen: Der Wortstamm urd stammt aus dem Keltischen und wurde als Gewässernamen verwendet in der Bedeutung von „die Sprudelnde“. Der Dorfname entspricht im übertragenen Sinn der Bedeutung Dorf am Wasser, womit vermutlich Häuser an einem Übergang über die Urtenen gemeint sind. Ein Sprachkenner leitete das Wort Urtenen aus var (uar gesprochen) = Wasser und aus dem keltischen dunum = befestigter Ort ab. Also: var-dunum = Ort am Wasser.
aus Jakob Kurz, Die Rechtsamegemeinde Urtenen, Paul Haupt Bern, 1980, Seite 36
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Römisches Reich:
Römische Königszeit Römische Republik |
509 bis 27 v.Chr. |
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Römische Kaiserzeit | 27 v.Chr. bis 455 n.Chr. | Ab 15 v. Chr. Eroberung des Alpenraums durch Rom und Okkupation unseres Landes durch römische Truppen |
Im Buch „Land und Leute des Moosseetales“ von 1920 schreibt Dr. Fritz König auf Seite 18 unter anderem: „Urtenen lag zwar abseits der grossen römischen Heeresstrasse, die vom Wallis zum Genfersee über Aventicum nach Petinesca und weiter nach Vindonissa führte. Von Petinesca (dem heutigen Studen) zweigte ein Weg über Rapperswil und Schüpfen zur Engehalbinsel ab. In Schüpfen gab es eine weitere Abzweigung über Moosaffoltern, Wiggiswil und Urtenen.
Hier verzweigten sich die Wege nach Jegenstorf, Burgdorf und ins Grauholz. Längs des „alten Weges“, der von Schüpfen nach Wiggiswil führte, wurden verschiedene römische Münzen gefunden. Es wurden auch Überreste von römischen Wachtposten entdeckt, die zum Schutz und zur Bewachung der Strasse angelegt worden waren. Einer davon befand sich im Bubenloowald im „Chrache“ an der Gemeindegrenze zu Wiggiswil. Er wurde beim Ausroden des Waldes entdeckt und dabei fand man eine grosse Menge von Leistenziegelwerk.“
Da auch Jakob Kurz in seinem Buch „Die Rechtsamegemeinde Urtenen“ diesen Text übernommen hat und manche in Urtenen-Schönbühl diesen gelesen haben, sei hier deutlich daraufhin gewiesen, dass eine römische Strassenverbindung von Schüpfen nach Urtenen archäologisch nicht bezeugt ist. Ein im Bubenloowald im „Chrache“ an der Gemeindegrenze zu Wiggiswil entdeckter hallstattlicher Grabhügel wurde irrtümlicherweise für die Fundamente eines römischen Wachtpostens gehalten.
Bild: www.latein.ch/leben/schweiz/turicum/zeittafel.php
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Völkerwanderung:
Abzug der römischen Truppen |
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Die römischen Truppen ziehen sich nach Italien zurück. 410 Plünderung und Eroberung Roms durch die Goten. |
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Burgunder dringen in die Westschweiz Alemannen dringen ins Mittelland ein |
443 500 bis 800 |
Die Burgunder schliessen ein Bündnis mit den Römern ab und arbeiten mit ihnen zusammen. Die Alemannen besiedeln das schweizerische Mittelland in kleinen Gruppen (Einzelhöfe). |
In unserer Gegend gibt es keine archäologischen Zeugnisse, die mit den Alemannen in Ver-bindung gebracht werden könnten.
Die Alemannen lebten in Gehöften und Weilern. Häuser aus Stein waren ihnen fremd, sie bauten ihre Wohnungen und Ställe aus Holz. Im Historischen Lexikon der Schweiz werden die Hofanlagen der Alemannen wie folgt beschrieben: „Die Hofanlagen waren umsäumt und umfassten neben dem Hauptgebäude mit heizbarem Raum und Saal auch Speicher, Scheune, Bad- und Backstube, Kochhaus, Schaf- und Schweineställe, zuweilen gar eine wassergetriebene Getreidemühle.“
In der alemannischen Gesellschaft gab es vier Stände: die Adeligen, die Freien, die Minderfreien (freigelassene Sklaven ohne Mitbestimmungsrecht) und die Sklaven. Die freien Bewohner bildeten das oberste politische Organ – eine Landsgemeinde. Die Adeligen stellten Anträge, die Versammlung konnte sie annehmen oder ablehnen. Ein einstimmiger Beschluss war notwendig, wenn über Krieg und Frieden oder über die Freilassung von Sklaven beschlossen werden sollte. Die Versammlung hatte auch richterliche Befugnisse. Bei Vergehen konnte sie Personen aus der Stammesgemeinschaft ausschliessen oder gar zum Tod verurteilen.
Bild: Modellzeichnung eines alemannischen Dorfes www.boebingen.de (Ortsgeschichte)
Quellen: Schweizerisches Historisches Lexikon und http://www.geschichte-schweiz.ch/alamannen.html
Zugehörige Objekte
Name | ||
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